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Archiv | 8 sep. 2016

Der Joker im Realfilm: Ein Vergleich

Kaum erhielt Batman im Jahr 1940 seine eigene Comic-Reihe, wurde ihm auch schon ein Erzfeind gegenüber gestellt: der Joker. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass kein Superschurke einen solchen Kultstatus genießt wie der Clownprinz des Verbrechens. An dem Mann mit den grünen Haaren und dem Dauergrinsen im Gesicht kommt einfach niemand vorbei. Über die Jahrzehnte hat sich die Figur sehr stark verändert. In den Comics beispielsweise verwandelte sich der mörderische Erpresser mit der Zeit in einen fröhlichen Bankräuber und fand sich plötzlich als unberechenbarer Psychopath wieder, der von Batman geradezu besessen ist.

Auch von der großen Leinwand lachte der Joker uns bereits dreimal ins Gesicht. Da in die Rolle des charismatischen Verbrechers jedes Mal ein anderer Schauspieler schlüpfte, fällt es schwer, diese miteinander zu vergleichen. Doch natürlich hängt die Inszenierung nicht nur vom Darsteller ab, auch Regie und der allgemeine Zeitgeist drücken der Umsetzung ihren Stempel auf. Das Ergebnis sind drei ziemlich unterschiedliche Verkörperungen von ein- und demselben Villain. In diesem Artikel stellen wir euch alle drei vor, indem wir mehrere Ansatzpunkte unter die Lupe nehmen: den historischen Hintergrund, das allgemeine Auftreten, die Beziehung zum Dunklen Rächer und die zum schönen Geschlecht.

Jack Nicholson: Der Joker als selbstbestimmender Narzisst

Es war ein harter Kampf, bis der erste Batman-Film im Kino zu sehen war. Regisseur Tim Burton musste sich erst beweisen und die Rollen wurden permanent neuen Schauspielern zugewiesen. So waren unter anderem lange Zeit Tim Curry und Robin Williams für die Rolle des Jokers im Gespräch, bis Jack Nicholson sich schlussendlich einverstanden erklärte, dem Supervillain sein charismatisches Gesicht zur Verfügung zu stellen. Für Comicfans wurde das Jahr 1989 legendär, denn erstmalig schwang sich der Dunkle Rächer in einem Kinofilm über die Dächer von Gotham City. Konsequenterweise feierte damit auch seine grinsende Nemesis ihr Debüt im Film mit dem einfachen Titel Batman.

Der Hintergrund: Die Zeit der Selbstverwirklichung

Wir befinden uns in den späten Achtzigern, einer Zeit, in der sich weltweit politischer Frieden ausbreitete. Der Eiserne Vorhang wurde geöffnet, die Sowjetunion zog ihre Truppen aus Afghanistan zurück, es kam zum Fall der Berliner Mauer und zum Ende des Kalten Krieges. In den Köpfen der Menschen entstand die Sehnsucht nach einem Neuanfang, man wollte Träume ausleben. Insgesamt herrschte im Westen eine Euphorie, die sich kaum vergleichen lässt. Das Internet wurde erfunden, ebenso der Game Boy. Alles war möglich. Man musste nur daran glauben. Doch was bedeutet das für unseren ersten Joker im Kinofilm?

Das Auftreten: Der amerikanische Traum eines Verbrechers

Ganz passend zum Zeitgeist durchlebt der grinsende Supervillain den amerikanischen Traum. Denn vom Kleinganoven entwickelt er sich zu einem Unterweltboss, der schließlich auf einer Parade königlich umjubelt wird. Ähnlich zur gängigen Comic-Entstehungsgeschichte aus dem Band The Killing Joke verwandelt sich der Durchschnittsverbrecher in den gebleichten, grünhaarigen Mann mit dem eingefrorenen Lächeln, indem er in einen Behälter mit Chemikalien stürzt. Anschließend macht es ihm besonderen Spaß, das Fernsehprogramm und damit die Öffentlichkeit so zu manipulieren, dass sich alles nur noch um ihn dreht. So weit geht der selbstverliebte Nicholson-Joker noch mit den Comics und der Serie Batman: The Animated Series konform. Doch es sind auch auffällige Abweichungen vorhanden.

In der Comicvorlage dreht sich der Schurke beispielsweise durch den Chemie-Sturz um hundertachtzig Grad. Aus einem erfolglosen, unscheinbaren und liebenden Ehemann wurde ein rachsüchtiger, durchgeknallter Psychopath mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein. In Tim Burtons Film hatte sich der Villain jedoch schon vor seinem Unfall eine höhere Stellung erkämpft, genauer wurde er vom einfachen Straßenganoven zur rechten Hand des Unterweltbosses Carl Grissom (dessen Sturz er bereits plante). Zu diesem Zeitpunkt wurde er auch schon als irrer Psychopath bezeichnet, er war quasi bereits der Charakter, den wir kennen und lieben. Fast scheint es, als hätte ihm das toxische Bad lediglich einen neuen Look beschert, was ihm ein wenig das Flair des Geheimnisvollen raubt. Außerdem: Zum ersten Mal erhält der Clownprinz einen Namen, Jack Napier.

Wir haben es also mit einem Joker zu tun, der ganz im Zeichen der Kontrolle steht. Obwohl er stets mit einem Set Spielkarten als Glücksbringer herumläuft, entscheidet eindeutig er selbst über seinen Lebensweg. Und da er diesen mit zahlreichen Leichen und Verbrechen pflastert, ist es selbstverständlich, dass er gestoppt werden muss. Was auch gelingt. Die Welt wünscht sich Klarheit und einen Schlussstrich nach den ganzen realen und fiktiven Verbrechen. Fazit: Der Joker stirbt.

Batman: Durch das Schicksal verbunden

Der Joker und die Fledermaus sind selten so intensiv durch ihr Schicksal verbunden wie in Tim Burtons Meisterwerk Batman. Beide würde es gewissermaßen ohne den anderen nicht geben. Im Prinzip ist es gar die Schuld des Dunklen Rächers, dass Jack Napier in das Chemiebecken fiel. Um sich vor dem Verbrecher zu verteidigen, brachte er ihn dazu, über das Geländer zu stolpern und konnte ihn im Nachhinein nicht mehr vor dem Sturz bewahren. Wäre also Batman nicht gewesen, wäre Napier gar nicht erst mit der toxischen Lösung in Kontakt gekommen. Umgekehrt ist es noch spannender! Dass Bruce Wayne in Kindesjahren seine Eltern verliert, weil sie bei einem Überfall erschossen werden, ist das gängige Trauma, das ihn erst zum rachsüchtigen Batman werden lässt. Üblicherweise handelt es sich bei dem Attentäter um einen Mann namens Joe Chill. In diesem Film jedoch ist der junge Jack Napier der Wayne-Mörder! Es ist also ihm zu verdanken, dass der kleine Bruce zur Vollwaise und damit zu Batman wird.

Von ihren eng verschachtelten Schicksalen abgesehen herrscht jedoch keine besondere Verbindung zwischen Batman und Joker. Während der Dunkle Ritter seinen Gegner lediglich als Psychopathen abstempelt, empfindet der Clownprinz heftigen Neid. Von großem Narzissmus geprägt erträgt er die mächtige Präsenz des Fledermaus-Vigilanten nicht und gönnt ihm auch nicht seine ganzen technischen „Spielzeuge“. Der Joker will Batman also einfach nur tot sehen. Diese Einstellung erinnert ein wenig an die ersten Jahrzehnte des Comic-Jokers, der sich von Batman lediglich belästigt fühlt.

Die Frauen: Eigenliebe riecht am besten

Der Joker von Jack Nicholson ist sich selbst der nächste. Nicht nur, dass er Batman den Tod wünscht, auch seinen langjährigen und treuen Diener Bob erschießt er einfach so, um sich abzureagieren. Frauen sind für ihn reine Lustobjekte oder nur Mittel zum Zweck. Schon als Jack Napier hat er eine Affäre mit Alicia, der Geliebten seines Bosses Grissom. Als Letzterer ihn jedoch für diesen Betrug in eine Falle lockt, kann der Joker es nicht fassen, dass ihm das „wegen einer Frau“ passiert. Auf Alicias Komplimente reagiert er herablassend, im späteren Verlauf ist sie in seinen Augen nur noch ein „Entwurf“. Denn im vermeintlichen Kunstsinn verätzt der Clownprinz Alicias Gesicht und zeigt sich auch nicht besonders traurig, nachdem sie sich deshalb aus dem Fenster stürzt. Auch der stadtbekannten Reporterin Vicky Vale macht der Joker den Hof, in der Hoffnung, an Informationen über Batman zu gelangen. Von einem „hübschen Luder, das einen Mann echt auf Touren bringen könnte“, wird Vicky am Ende für den Clown zur bloßen Geißel. Dieser Joker liebt nur sich selbst.

Fazit: Von Jack Nicholson dargestellt ist der Joker ein Karrieremann, der sich ganz dem Zeitgeist entsprechend seine Träume erfüllen will. Das Ziel ist so gesehen die Spitze der Gesellschaft. Geprägt von einem unglaublichen Egoismus und Skrupellosigkeit im Herzen, begeht er schon in jungen Jahren eiskalt Verbrechen. Die Verwandlung in den Supervillain verändert lediglich sein Aussehen und macht ihn noch ein kleines bisschen aufgedrehter.

Heath Ledger: Der Joker als mysteriöser Terrorist

Nach Burtons Film Batman dauerte es ganze neunzehn Jahre, bis der Joker endlich wieder im Kino zu sehen war. Die Rede ist natürlich von Christopher Nolans Erfolgshit The Dark Knight mit Heath Ledger in der Rolle des Clownprinzen. Die hartnäckigen Zweifel an dieser Besetzung verwandelten sich schlussendlich in tosende Begeisterung. Tatsächlich wurde sogar die Comicszene durch den neuartigen Schurken inspiriert, was sich besonders deutlich am Band Joker erkennen lässt. Ob der entstandene Kult nun darauf zurückzuführen ist, dass Heath Ledger kurz nach dieser Rolle starb, wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Eins steht allerdings fest: Mit The Dark Knight war ein neuer Joker geboren, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hatte.

Der Hintergrund: Terror als Schlange im Paradies

Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts plätscherte die westliche Welt im Großen und Ganzen friedlich vor sich hin. Man setzte auf politische Korrektheit, das Recht der homosexuellen Ehe trat allmählich in Kraft und alle lasen Harry Potter. Auffallend in den Nachrichten war jedoch die hohe Anzahl der Terroranschläge, die kaum noch zu zählen waren. Der damals amtierende amerikanische Präsident George W. Bush sprach gar von einem Kampf gegen den Terror. Krieg wurde in den Köpfen unserer Gesellschaft zu einem Fehler der Vergangenheit degradiert. Die wahren Bösewichte waren nun die Terroristen. Keine Überraschung also, in welche Rolle der Joker dieses Mal gesteckt wurde.

Das Auftreten: Düsterer Realismus statt Comic-Ulk

Insgesamt entfernt sich Regisseur Christopher Nolan bei seiner Batman-Trilogie von der typischen, fröhlich-bunten Comicverfilmung und setzt auf realistische Action-Spannung. Für unseren Joker hatte das ein völlig neues Erscheinungsbild zur Folge. Anstelle des von Säure bleich verzerrten Konterfeis von Jack Nicholson tritt ein weiß geschminktes Gesicht. Statt einem eingebrannten Grinsen trägt dieser Clownprinz ein Glasgow Smile, also Narben, die von seinen Mundwinkeln bis zu den Wangen reichen. Zwar hat auch der neue Joker einen maßgeschneiderten, violett-farbigen Anzug, verglichen mit Tim Burtons Version wirkt er jedoch verbraucht und heruntergekommen. Und das liegt nicht nur an den fettigen Haaren und der verwischten Schminke.

Diesem Joker scheint so ziemlich alles egal zu sein. Er interessiert sich nicht für sich selbst, genau genommen wissen wir nicht einmal, wer er ist. Dank unterschiedlicher Erzählungen, wie er zu seinen Narben gekommen sei, verpasst sich der Schurke das Etikett des mysteriösen Ungeheuers, das keine Möglichkeit zur Identifikation bietet. Bruce Waynes Butler Alfred erkennt, dass manche Menschen die Welt einfach nur brennen sehen wollen. Passend dazu setzt der Joker eine enorme Summe Geld unter Feuer. Er selbst vergleicht sich mit einem Hund, der einem Auto bellend hinterherläuft und nicht wüsste, was er damit anstellen sollte, würde er es jemals zu fassen bekommen. So ganz stimmt das aber nicht, denn dieser Clownprinz hat immer einen Plan. In nahezu jeder Szene passiert etwas wirklich Böses, das von ihm arrangiert wurde. Der Joker wünscht sich Chaos und Anarchie. Diabolischer geht es fast nicht mehr. Von diesem Ziel abgesehen, scheint es nichts zu geben, auf das er hinarbeitet. Durch seine unberechenbare Grausamkeit reiht er sich mit Leichtigkeit zu anderen klassischen Horrorgestalten ein. Statt eines vorgeblichen Glücksbringers sind die Spielkarten dieses Mal die Visitenkarten des Jokers. Ziemlich passend für einen Mann ohne Namen und ohne Vergangenheit.

Batman: Zwei Freaks und der Rest der Welt

Jokers Verhältnis zu Batman durchläuft eine Entwicklung. Anfangs verspricht er der Mafia lediglich, den Fledermausmann für viel Geld auszuschalten, anschließend verlangt er dessen Demaskierung. Im Endeffekt erkennen wir jedoch, dass der Joker kein Interesse an Reichtum verspürt. Und auf Batmans Frage, warum er ihn umbringen will, folgt ein Geständnis, das einer Liebeserklärung gleich kommt: Durch den Dunklen Ritter fühlt der Joker sich erst vollständig! Da die Welt beide als Freaks abstempelt, setzt er sich mit Batman sprichwörtlich in dasselbe Boot. Unwahrscheinlich, dass ihm diese Erkenntnis erst später kam.

Auch durch sein Verhältnis zu Batman wird die Unberechenbarkeit des Clowns wieder deutlich. Er möchte seinen Widersacher nicht einfach ausschalten. Vielmehr fasziniert ihn der Gedanke, den Dunklen Ritter Teil seiner finsteren Welt werden zu lassen. Der Wahnsinn ist ihnen schließlich beiden eigen. Denkt zumindest der Joker, der mit Batman gewissermaßen eine verwandte Seele gefunden hat. Es ist sicher kein Zufall, dass der Joker nur dann verletzt reagiert, wenn man ihn als Freak bezeichnet. Batman ist der zweite Freak in der wirklich sehr einsamen, gefühlsarmen Welt des Jokers.

Die Frauen: Widerspruch ist sexy

Die Sexualität des Jokers im Film The Dark Knight bleibt ungeklärt. Es gibt nur eine Szene, in der er überhaupt Interesse an Frauen zeigt. Als er auf einer großen Spendengala zur Unterstützung von Staatsanwalt Harvey Dent einen Mann mit einem Messer bedroht, schaltet sich Rachel Dawes ein. Die Kameraperspektive übernimmt die Sicht des Jokers und bleibt kurz an der Anwältin im Abendkleid hängen, was ein gewisses Interesse signalisiert. Kokett streicht der Joker sich die Haare zurück und bezeichnet Rachel Dawes als wunderschön. Passend zu dieser Szene erzählt er eine kurze Geschichte über seine angebliche Frau – die erfahrungsgemäß frei erfunden ist. Das entstandene Interesse an der Anwältin lässt sich vermutlich nicht auf ihr Geschlecht zurückführen sondern vielmehr auf ihren Mut. Immerhin gesteht der Joker kurze Zeit später, dass er Widerspenstigkeit mag. Batmans Antwort „Dann wirst du mich lieben!“ verstärkt den Eindruck, dass der Villain nach jemandem Ausschau hält, der ihm Kontra gibt. Alles, was dieser Joker liebt, ist die Herausforderung.

Fazit: Von Heath Ledger dargestellt, ist der Joker eine Art undurchschaubarer Terrorist, was der Zeit entsprechend größte Gefahr bedeutet. Er hat kein einleuchtendes Ziel oder sonst irgendwelche Schwächen, mit denen man ihn aufhalten könnte. Er will einfach nur das Böse in die Welt bringen. Durch seine ungeklärte Vergangenheit wird der Angst-Faktor beim Zuschauer umso größer. Selten umgab den Joker ein derartiges Flair des Mysteriösen.

Jared Leto: der Joker als verliebter Gangsterboss

Heath Ledgers Tod verursachte in der Filmindustrie lange Zeit Skrupel, den Joker wieder ins Kino zu bringen. Spätestens mit dem Beschluss, ein eigenes Filmuniversum namens DC Extended Universe zu kreieren, wurden diese jedoch aus dem Weg geräumt. Und so dauerte es diesmal “nur” acht Jahre, bis der Clownprinz auf die große Leinwand zurückkehrte. Immerhin weniger als zwischen den ersten beiden Malen, wobei das vermutlich auch etwas mit dem allgemeinen Trend zu mehr Comicverfilmung zu tun hat. Bei unserem dritten Joker handelt es sich um die Darbietung von Jared Leto in David Ayers Actionfilm Suicide Squad. Und auch dieser Clownprinz unterscheidet sich sehr von seinen Vorgängern.

Der Hintergrund: Das Böse als Lifestyle

Durch das gesamte 21. Jahrhundert zieht sich das Ideal der Individualisierung. Schwarz und Weiß sind nicht mehr angesagt, besser ist es, der schwarze Punkt in der weißen Masse zu sein. Natürlich erfordert das Ausbrechen aus der konformen Gesellschaft nach wie vor Mut. Mit besonders viel Wissen ist dank Dr. Google nicht mehr zu brillieren. Stattdessen gilt es als cool, Regeln zu brechen, die Bezeichnung “nett” wird fast zur Beleidigung. Wer will schon brav sein, wenn er verrückt sein kann? Protagonisten mit dunklen Seiten mehren sich in der Film- und Serienwelt. Man möchte sich mit dem Bösen identifizieren, natürlich nur so weit es das Gewissen erlaubt. Eine Figur wie der Joker muss zum Vorbild werden. Ist das überhaupt möglich?

Das Auftreten: Individualität punktet

Während die Clownprinzen von Jack Nicholson und Heath Ledger eindeutig als Antagonisten fungieren, positioniert sich der neue Joker als undefinierte Randfigur. Zugegeben, es handelt sich auch um keinen Batman-Film, stattdessen steht das aus Schurken bestehende Suicide Squad im Mittelpunkt. Doch der Joker ist nicht Teil dieses Teams, ergo gehört er weder zum Team der bösen Protagonisten, noch zu ihren Gegnern, die tatsächlich noch gefährlicher und böser sind. Gleichzeitig wird jeder einzelne Moment des Jokers hervorgehoben und besonders stark in Szene gesetzt, die Titulierung Nebenfigur ist also nicht ganz angemessen. Zumal der Schurke maßgeblich am Handlungsverlauf beteiligt ist. Diese unklare Position lässt es folglich nicht zu, den Joker einer Gruppierung zuzuteilen. Die Platzierung als einzeln genommenes Individuum wäre damit erfolgreich abgeschlossen.

Apropos individuell: An den neuen Look vom Joker mussten sich viele erst einmal gewöhnen. Ähnlich wie Nicholson und die Vorlage aus dem Comic entstanden die grünen Haare und die blasse Haut wohl durch den Sturz in ein Becken voller Chemikalien. Viel auffälliger sind jedoch die zig Tattoos auf seinem Körper und das Metall auf seinen Zähnen. Regisseur David Ayer wollte hiermit einen Bezug zur realen Welt herstellen, indem er sich von den Instagram-Profilen diverser Drogenbosse inspirieren ließ. Das Ergebnis erinnert an einen wilden Mix aus modernem Gangsta-Style, bunt-schrägem Glamrock aus den Siebzigern und an das elegante Auftreten des Comic-Jokers mit Anzug und Spazierstock. Dass sich zuweilen ein künstlich dramatischer Unterton in die Stimme des Schurken schleicht, rundet das Gesamtbild ab. Der neue Joker ist ein krimineller Unterweltboss, dem es gefällt, sich von der grauen Masse abzuheben. Die Sehnsucht nach dem Rampenlicht ist zweitrangig, es geht mehr darum: Nicht so zu sein, wie die anderen einen haben wollen.

Batman: Nette Gesellschaft

Jokers Verhältnis zu Batman ist im Film Suicide Squad schwer auszumachen. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass es nur eine einzige Szene mit den beiden zusammen gibt. Während der Joker und Harley Quinn durch Gotham City düsen, nimmt der Dunkle Ritter die Verfolgung mit dem Batmobil auf. Die Reaktion des Clownprinzen spricht dennoch Bände: Statt genervt die Augen zu verdrehen, meint er mit einem breiten Lächeln: „Wir haben Gesellschaft.“ Batman ist in seinen Augen also nicht der lästige Gegner, der das Ende von Spaß bedeutet und dementsprechend ausgeschaltet werden sollte. Eine so tiefe Bindung wie in The Dark Knight kann es jedoch auch nicht geben. Dieses Mal ist der Joker auf den „anderen Freak“ nämlich nicht angewiesen. Er hat schließlich seine Harley Quinn.

Die Frauen: Alles für die Eine

Am Anfang der Story denkt man noch, Dr. Harleen Quinzel fällt mal wieder auf ihren Patienten rein und lässt den Joker übelst auf sich herumtrampeln. Immerhin droht er ihr an, ihr weh zu tun und versetzt ihr demonstrativ ein paar Stromschläge. Je weiter die Geschichte jedoch ihren Lauf nimmt, desto deutlicher kristallisiert sich heraus, dass der Clownprinz in jeder einzelnen Szene nichts anderes plant, als die Errettung seiner Geliebten. Allerdings müssen wir an dieser Stelle einhaken und erwähnen, dass etliche Szenen mit Jared Leto als Joker im Nachhinein gestrichen wurden, da das Testpublikum die heitere Version der düsteren vorzog. Szenen, in denen Harley Quinn dem Clown erfolglos hinterherläuft und noch ein paar Schläge und Schlimmeres von ihm einkassiert, waren also kein Bestandteil der Endfassung. Aber genau auf diese konzentrieren wir uns! Die aufrichtige Liebe zu Harley Quinn ist nämlich fast die größte Abweichung zum animierten Joker. Statt sie beispielsweise wie in der Comic-Vorlage gegen ihren Willen in das Chemiebecken zu werfen, fragt er sie voller Respekt, ob sie wirklich für ihn leben möchte. Ihr Sprung gestaltet sich demnach selbstverständlich als freiwillig und hat noch dazu eine recht romantische Szene der beiden zur Folge.

Das Auftreten des Clownprinzen ist genau insoweit böse und verrückt, dass man ihn interessant findet, jedoch nicht wirklich Angst vor ihm bekommt. Die größere Grundlage zur Identifikation bieten jedoch seine wahren und intensiven Gefühle. Man hat den Eindruck, für Harley würde er buchstäblich alles tun. Das erweckt mit Sicherheit Sympathie. Die negative Seite der Medaille ist die Reduzierung auf den Lover. Harley Quinn ist der eigentliche Star des Films, der Joker hat seine Anwesenheit nur ihr zu verdanken, da sie zufälligerweise mit ihm zusammen ist. Interessant wäre die Frage, ob seine Persönlichkeit noch einmal eine Wandlung durchfährt, wenn der Hauptdaseinszweck nicht die Liebe zu Harley ist.

Fazit: Von Jared Leto dargestellt ist der Joker ein klassisch-moderner Gangsterboss, der ganz im Sinne der Individualisierung sein Leben geradezu plakativ in Szene setzt. Die Angestellten in auffällige Kostüme à la Pandabär zu stecken oder lachend zwischen zig verschiedenen Waffen zu liegen, ist mehr Selbstinszenierung als undurchschaubarer Grusel. Seine größte Rolle ist jedoch der Lover, der die Geliebte retten muss. Erstmalig ein Joker, der sich fast zur Identifikation anbietet.

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