Urmel | 31 okt. 2018
Geister von Hogwarts - mehr als nur Spuk?
Wir stehen in einem dunklen Raum und wissen nicht, was uns hinter der nächsten Tür erwartet, nur dass uns dort die Häuser-Auswahl bevorsteht. In uns geben sich freudige Aufregung und die Angst vor dem Ungewissen die Klinke in die Hand und wir sind eigentlich nur noch ein Häufchen Elend. Und als könnte dieser Moment nicht noch unerträglicher werden, drängen sich durchsichtige Gestalten durch die Wand hinter uns und schweben an uns vorbei. Der Schreck sitzt tief!
Die erste Begegnung mit den Geistern von Hogwarts hat nicht nur Harry Potter, sondern auch mich als Leser tief beeindruckt. Schließlich verband ich mit Gespenstern bis dahin immer etwas Unheimliches, Düsteres und Bedrohliches. Umso unglaublicher war dann der Umstand, wie unbeschwert JK Rowling dieses Klischee beiseite wischte und die Geister in einem anderen Licht darstellte. Trotz aller Sympathie spielten sie für mich lange nur eine unwichtige Nebenrolle, was sich mit meinen Recherchen für diesen Artikel definitiv geändert hat. Die Geister sind unglaublich faszinierende Charaktere mit tollen eigenen Geschichten.
Was genau sind Geister?
Stirbt eine Hexe oder ein Zauberer und es gibt noch Dinge aus ihren Lebzeiten, die „unerledigt“ sind, so können sie auf Wunsch als Geister in die Welt der Lebenden zurückkehren. Dabei sind sie jedoch nur noch ein schwaches Abbild ihres einstigen Selbst und das sogar im wahrsten Sinne des Wortes: so als Geist ist man nämlich ziemlich durchsichtig. Auch muss man auf vieles verzichten, denn neben den fehlenden körperlichen Erfahrungen kann man sich auch innerlich nicht weiterentwickeln und bleibt immer auf dem Stand, auf dem man bei seinem Tod war. Deshalb entscheiden sich die Weisen unter den Hexen und Zauberern eher nicht dazu, als Geist weiter zu „leben“. Muggel können in der Welt von JK Rowling übrigens nicht zu Geistern werden und sie auch nicht sehen, sehr wohl aber spüren - der berühmte kalte Schauer.
Die Hausgeister
Hogwarts gilt als am meisten von Geistern heimgesuchter Ort Großbritanniens. So hat zum Beispiel jedes Haus seinen eigenen Hausgeist: der Blutige Baron für Slytherin, der Fette Mönch für Hufflepuff, die Graue Dame für Ravenclaw und der Fast Kopflose Nick für Gryffindor.
Der Fast Kopflose Nick heißt eigentlich Sir Nicholas de Mimsy-Porpington und wollte einst durch einen Zauberspruch die Zähne einer Muggel-Hofdame richten, doch der Zauber ging schief und ihr wuchsen Stoßzähne. Daraufhin wurde er zum Tode verurteilt. Trotz 45 Axtschlägen schaffte es die stumpfe Klinge nicht, seinen Kopf endgültig von seinen Schultern zu trennen. Ein Umstand, den er selbst am allermeisten bedauert, bleibt ihm doch so die Jagd der Kopflosen auf ewig verwehrt.
Die Graue Dame heißt eigentlich Helena Ravenclaw und ist die Tochter der Hogwarts-Gründerin Rowena Ravenclaw. Während ihrer Schulzeit stahl Helena ihrer Mutter das verzauberte Diadem von Ravenclaw und floh von Hogwarts. Rowena hielt den Diebstahl vorerst geheim und erst kurz vor ihrem Tod schickte sie einen jungen Mann aus, sie zu suchen.
Dieser junge Mann ist uns bekannt als der Blutige Baron und traf in Albanien auf Helena, für die er seit ihrem ersten Treffen in Hogwarts schwärmte. Er flehte sie an, mit ihm nach Hogwarts zurückzukehren, doch Helena hatte daran kein Interesse. Der Baron geriet in Rage und erstach sie. Als ihm bewusst wurde, was er getan hatte, wurde er von seinem schlechten Gewissen geplagt und tötete sich mit demselben Messer. Fortan ist er gezwungen, auf ewig mit dem Blut Helenas auf seinen Kleidern weiter zu existieren.
Der Fette Mönch ging nach seiner Ausbildung in Hogwarts ins Kloster eines Bettelordens. Dort fiel er allerdings dadurch auf, dass er Pockenkranke heilen konnte, indem er sie mit einem Stück Holz anpiekste und während des Gottesdienstes ständig Kaninchen hervorbrachte. Daraufhin wurde er zum Tode verurteilt.
Weitere Geister in Hogwarts
Neben den vier Hausgeistern gibt es noch weitere Geister im Zauberinternat. So wird Geschichte der Zauberei von niemand anderem gelehrt als Professor Cuthbert Binns, der mit seiner monoten Stimme alle Schüler in den Schlaf versetzt. Selbst Hermine soll in seinem Unterricht die Augen schwer aufhalten können. Über Professor Binns sagt man, dass er eines Nachts im Schlaf gestorben ist und am nächsten Morgen einfach wieder zum Klassenraum ging, um seine Schüler zu unterrichten und dabei seinen Körper zurück ließ.
In der Mädchentoilette im ersten Stock treibt die Maulende Myrte ihr Unwesen. Während ihrer Schulzeit wurde die muggelgeborene Ravenclaw gehänselt und hatte keine Freunde. In Tränen versunken hörte sie einst die Stimme eines Jungen in der Mädchentoilette und wollte ihn gerade zusammenstauchen, als sie in die großen gelben Augen eines Basilisken blickte und augenblicklich tot war. Die Mädchentoilette darf Myrte übrigens aufgrund einer Anweisung durch das Zaubereiministerium eigentlich nicht mehr verlassen, da sie ihre früheren Peiniger aus der Schule nach ihrem Tod verfolgt und gequält hatte.
Kommen wir zu meinem ganz persönlichen Favoriten, der aber streng genommen gar kein Geist ist: Peeves, der Poltergeist. Er gilt als der nervigste Poltergeist in der kompletten britischen Geschichte und ist der einzige bekannte seiner Art, der eine physische Erscheinung hat. Poltergeiste lieben das Chaos und erfreuen sich an Ärger und Scham der Lebenden. Im Gegensatz zu Geistern können sie Dinge bewegen und auch Schmerz fühlen. Sie haben vorher aber nie als Hexe oder Zauberer gelebt.
Einen Poltergeist kann man auch nicht von dem Ort vertreiben, den er sich zum Wohnen ausgesucht hat. Beim letzten Versuch Peeves von der Schule zu verweisen, der übrigens im Jahr 1876 stattfand, musste Hogwarts für drei Tage evakuiert und Peeves zugestanden werden, dass er fortan einmal wöchentlich in den Jungentoiletten schwimmen und zuerst aus dem Bestand alten Brots wählen durfte, womit er dann die Schüler bewerfen kann.
Geister sind also liebenswert?
Während die Geister von Hogwarts total faszinierend sind, darf man jedoch nicht vergessen, dass sie eben nur Geister sind. Sie sind durch ihren Tod nicht mehr in der Lage sich weiterzuentwickeln, so wird der Fast Kopflose Nick auf ewig eingeschnappt sein, dass sein Kopf nicht komplett von seinem Hals getrennt ist. Und auch Myrte wird für immer das kleine Mädchen sein, dessen Launen es unberechenbar machen. Außerdem neigen Geister dazu, immer wieder dieselben Geschichten zu erzählen - sie erleben ja schließlich nichts neues - und ihre lebendigen Zuhörer damit zu langweilen.
Nichtsdestotrotz sollte man ihnen jedoch mit Achtung begegnen, sie hatten es schließlich bei ihrem Tod schon schwer genug. Man entscheidet sich ja nicht völlig grundlos für ein Leben als Geist, sondern weil man noch etwas zu erledigen hat. Das kann sowohl das Empfinden von Schuld und Reue sein als auch Angst oder eine besondere Abhängigkeit von der materiellen Welt.
Geister können also durchaus eine Abwechslung, sollten jedoch nie die einzige Gesellschaft eines Menschen sein. Doch wer ihnen nur ein bisschen zuhört, erfährt viele spannende Geschichten (zumindest beim ersten Mal) und kann dadurch auch vielleicht den Ausgang des ein oder anderen Zaubererkriegs beeinflussen...